Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Düsseldorferinnen und Düsseldorfer,
seit Wochen finden deutschlandweit und auch in Düsseldorf Demonstrationen und sogenannte „Spaziergänge“ gegen die Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie statt, bei denen Hygieneauflagen unbeachtet bleiben. Von Anfang an fanden sich bei den sogenannten Anti-Corona-Demonstrationen antisemitische und geschichtsverfälschende Plakate sowie Angehörige rechtsextremer Gruppierungen.
Die Mehrheit der Menschen in Düsseldorf, in ganz Deutschland, verhält sich der Situation angemessen und rücksichtsvoll. Restaurants und der lokale Einzelhandel befolgen die aktuellen Corona-Regelungen. Kultureinrichtungen haben zum Wohl aller Menschen ihren Betrieb stark eingeschränkt oder eingestellt. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer beachten die geltenden Auflagen und versuchen ihre Produktion in der Pandemie aufrecht zu erhalten.
Jeder Mensch hat das Recht nach seiner und ihrer Vorstellung zu leben. In dem Moment, wo diese Lebensart die Gesundheit anderer gefährdet, greift das Solidaritätsprinzip: Die Rücksicht auf die Gemeinschaft gilt mehr als die individuelle Freiheitsliebe.
Die Impfung gilt als nachweislich bester Schutz vor schweren Folgen einer Erkrankung mit Covid 19. Sie ist dazu die beste Möglichkeit, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und zu verhindern. Man kann sich für oder gegen eine Impfung entscheiden. Anders, als viele Impfgegner suggerieren, ist das jedoch nicht bloß eine individuelle Entscheidung, sie betrifft auch alle anderen Menschen, die mit dem Virus angesteckt werden können.
Die Bekämpfung der Pandemie geht alle an. Die Aufgabe kann nur gemeinsam bewältigt werden. Wir akzeptieren nicht, dass die Anstrengungen zur Eindämmung des Coronavirus durch das verantwortungslose Handeln Einzelner gefährdet werden. Wir vertrauen auf die Empfehlungen der Wissenschaft, um größeren Schaden von Vielen abzuwenden.
Wir haben das große Glück, in einer freien, friedlichen, rechtsstaatlichen und demokratischen Gesellschaft zu leben. Das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht und hohes Gut sowie wesentlicher Bestandteil unserer demokratischen Grundordnung.
Sachliche Kritik an der Coronapolitik bzw. einzelnen Maßnahmen sind im Rahmen eines demokratischen Diskurses berechtigt und dringend geboten. Es ist keinesfalls unser Ansinnen, diese zu unterbinden. Dennoch muss allen klar sein: Die überregionalen Initiatorinnen und Initiatoren der Corona-Proteste nutzen die Pandemie als Vorwand, um Verschwörungsideologien zu verbreiten, demokratische Prozesse zu diskreditieren und die Gesellschaft zu spalten. Teils gehen sie aggressiv gegen Polizeikräfte und Medienschaffende vor und versuchen Andersdenkende einzuschüchtern.
Die Unterzeichnenden verurteilen jede verbale und körperliche Gewalt scharf. Wer im vermeintlichen Schutz der Anonymität Straftaten begeht, der stellt sich gegen unsere Wertegemeinschaft.
Wir rufen daher die Düsseldorfer Bevölkerung auf, sich nicht an Anti-Corona-Demonstrationen und sogenannten „Spaziergängen“ zu beteiligen, die von Rechtsextremen organisiert oder unterwandert werden und bei denen die Hygieneauflagen missachtet werden. Wer mit Rechtsextremen und Demokratiefeinden mitläuft, macht sich schuldig und gefährdet unsere Demokratie!
In der Vergangenheit haben viele Tausende Düsseldorferinnen und Düsseldorfer schon oft ihr Gesicht auf der Straße gegen Antisemitismus, Rassismus und Geschichtsrevisionismus gezeigt. Als Düsseldorferinnen und Düsseldorfer stehen wir auch jetzt zusammen und treten für unsere gemeinsamen Werte ein, ohne Andere in Gefahr zu bringen. Da das aktuelle Infektionsgeschehen größere Demonstrationen auf der Straße nicht zulässt, erheben wir mit diesem offenen Brief unsere Stimme gegen Menschen, die Corona leugnen und Verschwörungstheorien verbreiten, sowie gegen Antisemiten und rechtsextreme Ideologen.
Wir müssen die Pandemie gemeinsam bekämpfen und ihre negativen Auswirkungen auf das Wohl unserer Gesellschaft eindämmen. Bitte übernehmen Sie Verantwortung, seien Sie solidarisch und lassen Sie sich impfen! Damit schützen Sie sich, ihre Familien, Ihren Freundes- und Kollegenkreis und andere Mitmenschen!
Wir danken allen, die sich nach Kräften darum kümmern, dass wir die Pandemie in den Griff bekommen.
Superintendent Heinrich Fucks
Sprecher des Düsseldorfer Appells
Sigrid Wolf
stellv. Sprecherin des Düsseldorfer Appells
Erstunterzeichende (Trägerkreis Düsseldorfer Appell):
Superintendent Heinrich Fucks (Evangelischer Kirchenkreis Düsseldorf), Sigrid Wolf (DGB Stadtverband Düsseldorf), Michael Szentei-Heise (Jüdische Gemeinde Düsseldorf), Stadtdechant Frank Heidkamp (Katholische Kirche Düsseldorf), Michael Schmidt (Diakonie Düsseldorf), Volker Neupert (Respekt und Mut), Marion Warden (AWO Kreisverband Düsseldorf), Nihat Öztürk (IG Metall), Susanne Liedtke (Stadt Düsseldorf), Burkhard Hintzsche (Beigeordneter für Jugend und Soziales der Stadt Düsseldorf), Antonia Frey (Bündnis 90/Die Grünen-Ratsfraktion),
Rolf Tups, Heike Kuhn, Thomas Schmidt und Andreas Paul Stieber (CDU-Ratsfraktion),
Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke und Ursula Holtmann-Schnieder (SPD-Ratsfraktion),
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Monika Lehmhaus und Thomas Nicolin (FDP-Ratsfraktion),
Achim Radau-Krüger, Christian Banz und Katharina Schunck (Jugendring Düsseldorf)
Weitere Erstunterzeichnende:
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, Bürgermeister Josef Hinkel, Bürgermeisterin Clara Gerlach, Dr. Bastian Fleermann (Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf), Bert Römgens (Jüdische Gemeinde Düsseldorf), Dr. Dalinç Dereköy (Kreis Düsseldorfer Muslime), Wolfgang Rolshoven (Heimatverein Düsseldorfer Jonges), Andreas Schmitz (IHK Düsseldorf), Gregor Berghausen (IHK Düsseldorf), Andreas Ehlert, Dr. Axel Fuhrmann und Karl-Heinz Reidenbach (Handwerkskammer Düsseldorf), Karsten Kaus (IG Metall Düsseldorf/Neuss), Sylvia Burkert (GEW Stadtverband Düsseldorf), Zayde Torun (NGG Region Düsseldorf–Wuppertal), Stella Rütten (DGB-Jugend Düsseldorf-Bergisch Land), Lisa Schmitt (DGB-Jugend Düsseldorf), Tim de Crau (DGB-Jugend Düsseldorf), Michael Becker (Tonhalle Düsseldorf), Iris Bellstedt (Der Paritätische Düsseldorf), Henric Peeters (Caritasverband Düsseldorf), Stefan M. Fischer (Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Düsseldorf), Marina Spillner und Markus Raub (SPD-Ratsfraktion), Jaques Tilly, Wilfried Schulz (Düsseldorfer Schauspielhaus),
Paula Elsholz, Stefan Engstfeld MdL, Angela Hebeler, Norbert Czerwinski, Mona Neubaur, Sara Nanni und Monika Düker (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Düsseldorf)
PDF: Offener Brief des Düsseldorfer Appells: Für Solidarität und Demokratie
Der Düsseldorfer Appell, gegründet 1991, versteht sich als überparteiliches bürgerschaftlich verfasstes Bündnis gegen Rassismus, Antisemitismus sowie religiösen und politischen Extremismus.