zur Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 22.08.2023

Antrag:
Die Verwaltung wird gebeten, unter Einbeziehung der Freien Träger und
gegebenenfalls weiterer Akteur*innen ein gesamtstädtisches, abgestimmtes Konzept
zur Verbesserung der Suchtprävention in der Landeshauptstadt Düsseldorf zu
erstellen.
Die Suchtprävention für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene soll
stoffgebundene (unter anderem Drogen, Alkohol) und stoffungebundene
(Essstörungen, Medien) Perspektiven enthalten. Mit der in Düsseldorf
vorherrschenden Expertise der Heinrich-Heine-Universität und des
Universitätsklinikum Düsseldorf soll dabei zusammengearbeitet werden.


Begründung:
„Sucht ist das nicht mehr kontrollierbare Verlangen nach einem bestimmten
Gefühls-, Erlebnis- und Bewusstseinszustand“ – so lautet die offizielle Definition
der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Grundsätzlich kann jeder Mensch süchtig
werden.


Eine Suchtkarriere hat anfangs nichts Passives. Bei der Rekonstruktion der
Abwärtsspirale findet sich am Start des Prozesses oft ein aktiver Versuch zur
Kompensation von Belastungen und zu deren subjektiver Bewältigung. Die treibende
Kraft ist der Wunsch nach Befriedigung ungestillter Bedürfnisse. Das objektiv die
Gesundheit gefährdende Verhalten, bringt aus der subjektiven Sicht des
Konsumierenden zuerst einmal „Belohnung“ mit sich. Doch der Weg über einen
kurzfristigen Scheinfrieden führt in die Selbstzerstörung – trotz Aufklärung.
Die Vorstellungen, riskantes Verhalten habe seine Ursache in Unwissenheit, also
fehlender Sachinformation bezüglich der gesundheitlichen Folgen, und
Abschreckung sei ein geeignetes Mittel, um eine Verhaltensänderung zu erreichen,
haben sich als falsch erwiesen. Um Suchtkranken helfen zu können, und vor allem
präventiv erfolgreich zu sein, ist ein völliges Umdenken bei den bisherigen
Prophylaxeansätzen nötig.


Es geht um die Funktionalität von Risikoverhalten als “imaginärer” Lösung bei der
Bewältigung von für Jugendliche typischen Entwicklungsaufgaben.
Gesundheitsriskantes Verhalten vermittelt den Eindruck, endlich einmal erfolgreiche
Identitätsdarstellungen zu Stande zu bringen, die als erbärmlich empfundene
Hilflosigkeit, die mit dem Verlust von Entwicklungskontrolle einhergehen kann, zu
kompensieren. Diese Zusammenhänge im Bereich Gesundheitsförderung und
Suchtprävention haben zum Beispiel Forscherinnen und Forscher klar
herausgearbeitet.


Vor dem neuen gedanklichen Hintergrund, dass jedes Suchtverhalten eine Funktion
erfüllt, ist es gar nicht mehr so verwunderlich, dass es geschlechtsspezifische
Formen von Suchtentwicklung gibt.


Um die Augen vor den vorherrschenden Tatsachen nicht zu verschließen, sondern
die Thematik eines suchtpräventiven und suffizienten Jugendschutzes anzugehen,
beantragen wir die Erstellung eines gesamtstädtischen Konzeptes, in das alle Träger
und die Stadt inkl. des Lenkungskreises Sucht involviert sind. Dabei sind die
Erfahrungen der Düsseldorfer Suchtprävention Crosspoint besonders wichtig, die
bereits eine gute Arbeit für Düsseldorf leisten.


Unter anderem befindet sich Düsseldorf auf dem Weg zur Modellkommune für die
kontrollierte Abgabe von Cannabis. Gerade deshalb ist es jetzt auch an der Zeit, ein
geeignetes und wirksames Konzept zur Suchtprävention für Kinder, Jugendliche und
junge Erwachsene zu entwickeln. Dabei spielt die Prävention im Hinblick auf den
Cannabisgenuss im Rahmen der stoffgebundenen Drogen eine wichtige Rolle, die
bei einer gesamtstädtischen Konzepterstellung berücksichtigt werden sollte.


Freundliche Grüße
Christine Rachner