„Das Thema umtreibt seit einiger Zeit auch die Liberalen. „Ich bin erstaunt, wie schwierig solche Lebensentwürfe trotz aller gesellschaftlicher Veränderungen nach wie vor sind“, sagte FDP-Ratsfrau Christine Rachner im Gleichstellungsausschuss. Vorbehalte gegenüber sexueller und geschlechtlicher Vielfalt seien gerade im Zusammenhang mit der Lebenswirklichkeit von Familien besonders hartnäckig, meint die Ärztin, die im Sana-Klinikum Gerresheim arbeitet. Kinderbücher, die die Vielfalt von Liebes- und Lebensformen in Deutschland widerspiegelten, gehörten nach wie vor nicht zum Standardrepertoire. Umso mehr komme es auf eine frühe Sensibilisierung an. Schwierige Situationen müssten von den Erziehern und Fachkräften professionell aufgefangen werden.“

RP+ Darum sprechen Düsseldorfer Kita-Kinder über Regenbogenfamilien


Im Namen unserer Fraktion bitten wir Sie, folgende Anfrage auf die
Tagesordnung der Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung am 14. Juni 2022
zu setzen und von der Verwaltung beantworten zu lassen:


1. Inwieweit sind die Kindertagesstätten in Düsseldorf mit Materialien wie
Büchern ausgestattet, die ein umfassendes Bild unserer Gesellschaft
abbilden (Sowohl klassische wie auch Regenbogenfamilien; Menschen aller
Herkünfte und unterschiedliche Familienkonstellationen)?


2. Welche Fortbildungen gibt es für die Mitarbeiter*innen von
Kindertagesstätten in Bezug auf pädagogische Konzepte im Umgang der
frühkindlichen Sensibilisierung auf eine umfassende vielseitige
Gesellschaft?


3. Was wird unternommen, um bereits bei der frühkindlichen Bildung das Thema
Regenbogenfamilien zu platzieren?


Begründung:


Alle Eltern stehen vor einer Fülle von Herausforderungen. Das trifft auf
Regenbogenfamilien ebenso zu wie auf alle anderen Familienformen.
Herausforderungen umfassen vor allem das Bemühen, die Kinder gegenüber
möglichen Diskriminierungen stark zu machen.

Da die Vorbehalte gegenüber sexueller und geschlechtlicher Vielfalt gerade im
Kontext von Familie und dem Aufwachsen von Kindern besonders hartnäckig
sind, ist es wichtig, für eine frühzeitige Sensibilisierung zu sorgen.
Kinder aus Regenbogenfamilien finden die Wirklichkeit ihrer Familie mehrheitlich
weder in Schulbüchern noch im pädagogischen Alltag wieder. So gehören
Kinderbücher, die die Vielfalt von Liebes- und Lebensformen in Deutschland
widerspiegeln, nach wie vor nicht zum Standardrepertoire in Kitas.
Die FDP Ratsfraktion möchte wissen, wie der Sachstand in den
Kindertageseinrichtungen im Düsseldorf ist.
Weitere Begründung erfolgt mündlich.
Freundliche Grüße
Dr. Christine Rachner und André Witner

Anfrage der FDP-Ratsfraktion
hier: Regenbogenfamiliengerechte Ausstattung in Kindertageseinrichtungen


Frage 1:
Inwieweit sind die Kindertagesstätten in Düsseldorf mit Materialien wie
Büchern ausgestattet, die ein umfassendes Bild unserer Gesellschaft
abbilden (Sowohl klassische wie auch Regenbogenfamilien; Menschen aller Herkünfte
und unterschiedliche Familienkonstellationen)?
Antwort:
In den Kindertageseinrichtungen der Landeshauptstadt Düsseldorf wird gemäß den
Bildungsgrundsätzen NRW eine Pädagogik der Vielfalt gelebt. Die Voraussetzung für das
Ankommen in einer Kindertageseinrichtung ist das angenommen werden – so wie das
Kind ist, mit all seinen individuellen Bedürfnissen, Geschichten, Sprachen und
Familienkonstellationen. Denn im gut gelebten Kita-Alltag ist es wichtig, den Kindern
und Familien eine angenehme, vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, in der sie sich
willkommen fühlen und auf jeden neuen Tag einlassen können. Für die
Kindertageseinrichtung und die pädagogischen Fachkräfte bedeutet dies täglich die
Individualität der Kinder und deren Familien im Blick zu haben und sich flexibel auf
neue Gegebenheiten einzustellen. Pädagogisches Ziel der Kindertageseinrichtungen der
Landeshauptstadt Düsseldorf ist es somit die Bedürfnisse, Bedarfe, Themen und Fragen
und Herausforderungen aller Kinder und Familien wahrzunehmen und ernst zu nehmen
und eine Willkommenskultur zu etablieren. Findet sich die Vielfalt unserer Gesellschaft
mit allen verschiedenen sozialen, kulturellen und nationalen Hintergründen gerade in
der Kindertageseinrichtung als erster außerfamilialen Bildungseinrichtung wieder, ist es
tägliche Aufgabe der Fachkräfte vor Ort diese Vielfalt in der Raumgestaltung, der
Auswahl von vielfältigen Spielmaterial, Diversity-Puppen und Bilderbüchern
widerzuspiegeln.
In den letzten Jahren gab es eine Vielfalt von Projekten und Programmen in der
Landeshauptstadt Düsseldorf, wie das Projekt „Bilder im Kopf. Für eine stärkere
Repräsentanz von Vielfalt in Kinder- und Jugendmedien“ der Diakonie und das
Bundesprogramm Sprach-Kita, die über unterschiedliche Zugänge die Kita-Teams für
einen vorurteilsbewussten Umgang mit diversen Lebensentwürfen und heterogenen
Familienmodellen sensibilisierten. Im Rahmen des Bundesprogramms Sprach-Kitas sind
hinsichtlich dessen zu den Bausteinen „Inklusion“ und „Willkommenskultur in der
Kita“ für jeden Stadtbezirk Qualifizierungskoffer entstanden, die allen städtischen
Kindertageseinrichtungen zur Ausleihe zur Verfügung stehen. Diese bieten einen
niederschwelligen Zugang für das Team zu der Thematik und unterschiedliche Zugänge
über Bilderbücher, Fachtexte und Methoden für die alltägliche pädagogische Arbeit und
die tiefergehende Auseinandersetzung im Team. Im Fokus steht dabei auch immer, bei
der Auswahl von Spielmaterialien und der Raumgestaltung die Vielfalt der Familien zu
berücksichtigen.

Frage 2:
Welche Fortbildungen gibt es für die Mitarbeiter*innen von Kindertagesstätten in Bezug
auf pädagogische Konzepte im Umgang der frühkindlichen Sensibilisierung auf eine
umfassende vielseitige Gesellschaft?
Antwort:
Es gab in den vergangenen Jahren die Fortbildung „Regenbogenfamilien“, die in
Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle AWO Familienglobus gGmbH, Fachstelle
Regenbogenfamilien, konzipiert wurde, als Angebot der abteilungsinternen
Fortbildungsplanung, die über das Fortbildungsprogramm des Jugendamtes
ausgeschrieben wurde und aufgrund der gegebenen Kostenneutralität die gesamte
Nachfrage abdecken konnte.
Gegenwärtig gibt es zwei Fortbildungen für die Zielgruppe der Fachkräfte aus den
Kindertageseinrichtungen, die sich explizit mit dem Thema auseinandersetzen.
Seit 2022 ist es als Angebot des Jugendamts- Fortbildungsprogramms unter dem Titel
„LGBTQIA*-Was? Familie neu denken“ in aktualisierter Form weiterhin für alle
interessierten Fachkräfte ausgeschrieben.
Inhalte:
In diesem Seminar haben die Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit sich mit
Diversen Familienmodellen auseinanderzusetzen.
 Was ist eine queere Familie?
 Wie entstehen diese überhaupt?
 Wie geht es Kindern in solchen Familien?
 Was brauchen diese?
 Was sollte ich als Fachkraft im Umgang mit Regenbogenfamilien beachten?
 Und wieso sollten Fachkräfte sich überhaupt mit geschlechtlicher Identität und
romantischer Vielfalt auseinandersetzen, obwohl es kein Thema für sie zu sein
scheint?
Eine Auseinandersetzung mit Familienbildern, die mit Spaß die Angst vor
„Gendergaga“ und „seltsamen“ Familien und Fragen rund um LGBT* klärt.
Zusätzlich gibt es noch eine zweite Fortbildung (aufbauend auf den Basiskurs
Sexualpädagogik), die für das Thema sensibilisieren soll:
„Fussballprinzessinnen und Glitzerpiraten“
Inhalte sind hier:
Nicht selten wird unser Handeln von unseren eigenen Bildern von Geschlecht
beeinflusst. Für die professionelle Arbeit ist eine Reflexion des eigenen Handelns in der
Alltagspraxis unabdingbar. In diesem Seminar werden Sinn und Notwendigkeit einer
diversitätssensiblen Pädagogik thematisiert.
In diesem Zusammenhang wird es um Fragen gehen wie:
 Sind Mädchen und Jungs tatsächlich typisch weiblich und typisch männlich?
 Wo finden sich Kinder wieder, die sich nicht der binären Geschlechterordnung
und den damit verbundenen Zuschreibungen zuordnen können oder wollen?
 Wie erleben Kinder ihre geschlechtliche Zugehörigkeit und welche Potentiale und
Stolpersteine ergeben sich daraus für die pädagogische Arbeit?
 Wo bringen wir eigene Bilder von Geschlecht und geschlechtstypischem
Verhalten mit in die Arbeit und was bewirken sie?
 (Wie) kann eine geschlechtergerechte Pädagogik gelingen?Das Seminar bietet vertiefend zu dem Grundlagenseminar „Körper, Liebe,
Doktorspiele“ Impulse, Selbstreflexion, Gruppenarbeit, Fallbesprechungen, Medien und
Praxismaterialien zu den Themenbereichen für die Arbeit in der Kita an.


Frage 3:
Was wird unternommen, um bereits bei der frühkindlichen Bildung das Thema
Regenbogenfamilien zu platzieren?
Antwort:
 Thematisierung der Vielfalt der Lebens- und Familienformen, z.B. im
Morgenkreis, über Bilderbücher, vielfältige Bilder
 Diskriminierungssensible Sprache der Fachkräfte
 Geschlechtergerechte Sprache und Pädagogik
 Fortbildungen für Fachkräfte, in denen sich auch mit der eigenen Haltung
gegenüber Regenbogenfamilien auseinandergesetzt wird.